Politikah?
Ich kann's nicht mehr
hören!
Israel verfügt über eine Tradition starker
Wahlbeteiligung, aber dies könnte sich bei den nächsten Wahlen ändern.
Aus einer am Wochenende in Jedioth
veröffentlichten Umfrage geht hervor, dass fast ein Viertel der
Öffentlichkeit bisher keinerlei Interesse an den Wahlen zeigt.
Die Verdrossenheit am politischen Geschehen ist
enorm, das ewige Lieblingsthema erzeugt immer öfter Schweigen. Eine
Protestwahl oder eine sehr geringe Wahlbeteiligung wird sich aber
nicht nur auf das Schicksal der Kandidaten für das Amt des
Ministerpräsidenten auswirken, sondern vor allem auch auf die
Zukunft der israelischen Demokratie.
Seit Ausbruch der Unruhen in den Gebieten ist die Stimme des
Friedenslagers nicht mehr zu hören. Erst jetzt, da der Geruch von
Wahlen in der Luft liegt, wacht es allmählich aus seiner Betäubung
auf. Eigene Kreativität ist selten. Weite Teile der grossen
Bewegung scheinen "friedensbewegt" nur solange alles glatt
läuft, solange die Dramaturgie nicht gestört ist.
Die Bilder von den Einwohnern Jenins (Westbank), die die
abrückenden Israelis genauso mit Blumen überschüttet haben wie
die einrückende "Palästina Polizei" sind verblasst. Die
Ermordung Rabins und die nachfolgende Verzögerung aller
Fortschritte hat zur Depression geführt und Baraks Regierung von
national-religiös-fundamentalistisch bis links-liberal konnte kein
erhebendes Profil entwickeln. Die pausenlosen Koalitionskrisen, die
immer weiter absinkende Niveau der politischen Rede - Beleidigung,
Verächtlichmachung bis hin zu den Todesflüchen der
Fundamentalisten haben dazu geführt, dass sich allzu viele
abgewendet haben "von diesem Wahnsinn".
Bloss nicht festlegen...
Vorerst steht noch alles unter dem Motto "das hängt davon
ab. Es hängt davon ab, ob Barak die gewünschte politische Ware
liefert, es hängt davon ab, was die Knesset beschließt, und auch
dann hängt es davon ab, ob wir mit dem Kandidaten einverstanden
sind. Wir werden zögern, wir werden abwarten...
Eine Führung, die sich nicht eindeutig hinter
Barak oder aber an die Spitze eines anderen Lagers stellt, kommt
einem weißen Zettel gleich. Wenn die Wahllokale geschlossen werden
kann man dann über den Tod des Friedens oder den Verlust der
Regierung - weinen.
Normalerweise wäre die Nachricht über die
Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Palästinensern von der Öffentlichkeit
mit einem tiefen Aufatmen vernommen worden, denn der Großteil der
Bevölkerung hat seit langem begriffen, dass nur ein Abkommen
anhaltende Ruhe gewährleisten kann.
Bisher ist es nicht sicher, ob überhaupt ein
Abkommen erzielt werden kann. Sollten die Gespräche scheitern, dann
wird dies die sowieso mageren Aussichten Baraks auf einen Wahlsieg
auf den Nullpunkt senken. Sollte hingegen ein Abkommen erzielt
werden, dann werden die Karten frisch gemischt und das politische
Spiel beginnt von neuem.
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