Der Botschafter Israels in Berlin
Shimon Stein"Zum Friedensprozess
gibt es keine
Alternativen, denn die
sind alle gescheitert"
Wahl in Israel
Nicht ins Meer, nicht
in die Wüste
Wie morgen die politische
Realität in Israel aussehen wird, weiß heute kein Mensch. Trotz aller
Meinungsumfragen im Vorfeld: Die stichhaltigste Umfrage bilden letztlich
die heutigen Wahlen selbst. Selbstverständlich ist das Interesse
hierzulande sehr groß - und in Israel selbst nicht weniger. Einiges
lässt sich dennoch heute schon sagen.
In den 52 Jahren seiner Existenz hat Israel sich als sehr starke und
lebendige Demokratie erwiesen - auch unter den schwierigsten Bedingungen
wie der existenziellen Bedrohung durch den dauerhaften Konflikt mit den
arabischen Nachbarn und, nicht weniger wichtig, der Aufnahme von
Millionen neuer Einwanderer und deren Integration in die israelische
Gesellschaft.
Noch vor der Staatsgründung 1948 weigerte sich die
arabische Welt, das Anliegen der Juden, einen jüdischen Staat in ihrer
alten Heimat zu gründen, zu akzeptieren. Nicht nur, dass die
UN-Teilungsresolution vom 29. November 1947 von der gesamten arabischen
Welt einschließlich der Palästinenser abgelehnt wurde. Schon am Tag
der Staatsausrufung, dem 14. Mai 1948, haben reguläre Armeen von sieben
arabischen Ländern den jungen Staat angegriffen. Auch heute noch
mangelt es an Akzeptanz der Legitimität des Staates Israel unter den
arabischen Nachbarn. Während seines 52-jährigen Bestehens musste
Israel mehrmals um seine Existenz kämpfen. Diese Belastungen konnten
die Entschlossenheit Israels nicht schwächen, Millionen von Juden aus
aller Welt, zum größten Teil Flüchtlinge, aufzunehmen. Es ist fast
ein Wunder, dass dieser Integrationsprozess trotz der dauerhaften
existenziellen Bedrohung erfolgreich durchgeführt wurde. Mehr noch, es
spricht in hohem Maße für die Festigkeit der staatstragenden Ideen
Israels und für die Motivation seiner Bürger, dass diese
Einwanderungsgesellschaft ein solides demokratisches System
hervorgebracht hat. Bis heute das einzige im Nahen Osten. Wie Ben Gurion
sagte: Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.
Während Israel jüdische Flüchtlinge in die israelische
Gesellschaft aufgenommen hat, unter anderem viele, die aus arabischen
Ländern vertrieben worden waren, haben die arabischen Länder mit
Ausnahme Jordaniens die Einbürgerung ihrer palästinensischen Brüder
verweigert und das palästinensische Flüchtlingsproblem als Mittel für
ihre politischen Zwecke instrumentalisiert.
Bis heute verzeichnet die israelische Geschichte vier einschneidende
Machtwechsel. Das erste Mal mit dem Aufstieg der Likud-Regierung unter
Menachem Begin 1977, dann mit dem Wahlsieg Yitzhak Rabins 1992, wiederum
mit dem Wahlerfolg Benjamin Netanjahus 1996 und schließlich mit dem
Sieg Ehud Baraks 1999. Alle israelischen Regierungen haben sich als
erste Priorität das Ziel gesetzt, zu Frieden und Sicherheit mit unseren
arabischen Nachbarn zu kommen, unabhängig von der politischen Farbe der
regierenden Partei. Es war eine Likud-Regierung unter Menachem Begin,
die das historische Friedensabkommen mit Ägypten 1979 unterzeichnet
hat. Und wenn früher das Klischee galt, dass nur eine rechte Regierung
ein Friedensabkommen mit den arabischen Nachbarn schließen kann, dann
gilt das seit dem Oslo-Abkommen mit den Palästinensern im Jahre 1993
und dem Friedensvertrag mit Jordanien 1994 nicht mehr. Alle israelischen
Regierungen haben seit Beginn des Osloer Prozesses eine Reihe von
Vereinbarungen mit den Palästinensern unterzeichnet und umgesetzt, oder
genauer: seit der Madrider Konferenz 1991 - damals unter einer
Likud-Regierung.
Wie die demokratische Entscheidung der Wähler heute ausfallen wird,
vermag ich nicht zu prophezeien. Eines aber ist sicher: Unabhängig
davon, wer aus der Wahl als Sieger hervorgeht, ist sich die große
Mehrheit der Israelis in der Unterstützung des Friedensprozesses einig.
Wir haben unterschiedliche Auffassungen über den Weg und die Risiken,
die wir für den Frieden eingehen müssen, nicht aber über seine
Notwendigkeit. Mehr als das: Wir haben keine Pläne, die Palästinenser
in die Wüste zu schicken. Ebenso werden Sie uns nicht ins Meer werfen
können. Alle anderen Alternativen sind bereits gescheitert. Zum Frieden
gibt es keine Alternative. Israel und die Palästinenser sind zum
Frieden verdammt.
Shimon Stein ist seit Januar Botschafter des Staates Israel in
Deutschland. Foto: Bernd Settnick
(C) Presse- und Informationsabteilung der Botschaft des Staates Israel in der Bundesrepublik Deutschland
- Berlin
Februar 2001
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