Zum ersten Mal seit der Vertreibung der Juden aus Libyen hat
Colonnel Muammar Ghaddafi die Tore seines Landes für eine offizielle
Delegation von Juden aus Italien geöffnet, die seinerzeit aus Libyen
vertrieben worden waren. Die Delegation, der der Berater der jüdischen
Gemeinde von Rom, Schalom Teschuva vorsteht, wird fünf Tage in Libyen
weilen.
Hinter den Vorbereitungen zu dieser Reise stand das italienische
Außenministerium, und der italienische Außenminister, Franco Pertini
verfolgte aus nächster Nähe die Kontakte, die die jüdische Gemeinde von
Rom in den vergangenen Wochen mit der libyschen Regierung geführt hat.
Wie "Maariv" erfahren hat, haben die Parteien untereinander
beschlossen, dass die Wiedergutmachungszahlung der libyschen Regierung
an die aus Libyen vertriebenen Juden beschleunigt und nur an jene Juden
ausgezahlt werden soll, deren Vertreibung in der Zeit zwischen 1967 und
1970 erfolgte. Demnach wird die Delegation das Thema der
Wiedergutmachungszahlung an die 35.000 Juden, die in den Jahren von der
Staatsgründung Israels bis zum Jahre 1967 aus Libyen fliehen mussten, um
ihr Leben zu retten, nicht zur Sprache bringen.
Heute lebt die Mehrzahl der Juden, die Libyen nach Ausbruch des
Sechs-Tage Krieges verlassen haben, in Rom, und nur wenige in anderen
Städten Italiens, deren Kolonie Libyen während der Zeit des
italienischen Faschismus war.
Seit Libyens Herrscher Muammar Ghaddafi im Dezember letzten Jahres
offiziell angekündigt hatte, dass er sein Vorhaben,
Massenvernichtungswaffen zu produzieren, fallen läßt und den
UN-Aufsehern ermöglicht hat, die Durchführung seines Vorhabens zu
kontrollieren, hat die Gemeinschaft der libyschen Juden in den
Vereinigten Staaten bei Gericht eine Klage auf Zahlung von mehreren
Milliarden Dollar gegen Libyen und den libyschen Herrscher eingereicht.
Römische Quellen erklären hierzu, dass Ghaddafi bemüht ist, eine
amerikanische Unterstützung dieser Klage zu verhindern. Zu diesem Zweck
hatte er zunächst der Zahlung einer geringeren Summe zugestimmt, nachdem
eine kleine Delegation von Juden aus Rom sich damit einverstanden
erklärt hatte, dass nur über eine Wiedergutmachungszahlung an
libyenstämmige und jetzt in Italien lebende Juden verhandelt werden
soll.
In der jüdischen Gemeinde von Rom äußert man Zufriedenheit über die
Entsendung der Delegation und betont, dass zwar in den letzten Jahren
nur einer geringen Anzahl aus Libyen vertriebener Juden die Einreise
nach Libyen gestattet wurde, doch bisher seien dies Personen gewesen,
die privat nach Libyen gereist seien. Doch diesmal handle es sich um
eine offizielle Delegation, die von den ehemaligen libyschen Juden in
Rom - die etwa ein Drittel aller in Rom lebenden Juden ausmachen -
unterstützt werde.
Verschiedene andere Quellen weisen auch darauf hin, dass hier ein
wichtiger Wink des libyschen Herrschers an den Westen im Allgemeinen und
an die USA im Besonderen, und sogar an Israel gegeben sei.