hebrew.hagalil.com / hebraeisch.israel-live.de / hagalil.co.il

Mit der Hilfe des Himmels

hagalil.com
Search haGalil
e-Postkarten
Koscher leben...
Tourismus

Spenden Sie mit PayPal - schnell, kostenlos und sicher!

Hebräische Buchstaben im Spiel
Zeitung in einfachem Hebräisch
Jüdische Weisheit

Israel Nachrichten - die deutschsprachige Tageszeitung aus Tel-Aviv

Ideologischer Hass, blindwütiger Fanatismus, Terror:
Ein böser Virus der besonderen Art

Von Alice Schwarz

Vor dem Eingang zum Einkausfzentrum steht eine kleine Menschenschlange. Der junge Wächter ist besonders gewissenhaft. Ist er sich seiner Wichtigkeit, seiner Verantwortung bewusst, ist es Angeberei oder nimmt er sein Amt in der Tat so ernst? Alle werden genau durchsucht.

Vor mir steht eine junge Frau mit einem Kinderwagen. Darin strampelt ein vielleicht zwei, drei Monate altes Baby. Davor einige Hausfrauen, ein Mitarbeiter eines Ladens im Zentrum mit einem Kleiderbündel. Die Schlange rückt langsam vor. Jetzt ist die junge Mutter dran. Sie ist in Begleitung einer anderen jungen Frau, denn an diesem Nebeneingang zum Dizengoff-Center gibt es ein paar Stufen. Die Freundin wird beim Hinunterheben des Kinderwagens helfen. Aber vorher müssen beide noch kontrolliert werden. Der junge Wächter ist wie gesagt pflichtbewusst. Er schaut im Kinderwagen nach. Er guckt unter die Decke des strampelnden, aber geduldigen Babys. Auch ins Windelkörbchen. In die Provianttasche. In die Mini-Handtasche der jungen Frau. Dann wird noch mit dem Sensorenstab das Dach des Kinderwagens abgetastet. Die junge Mammi, die Freundin, alles wird überprüft. Fünf Minuten hat es gedauert. Alles O.K. Sie dürfen passieren. Es ist ja bekannt, dass junge Mütter sich gern zwischen Frühstück und Lunch ein bisschen in die Luft sprengen. Also Vorsicht.

Jetzt bin ich dran, und er beginnt in meiner Handtasche zwischen Notizbuch, Zeitung, Geldbörse und Schlüssel eindringlich zu stöbern. Alte Damen sind besonders verdächtig. Doch ich bin auch O.K. Prüfung bestanden, Eintritt gestattet.

Man möchte gerne lachen ob des leise grotesken Mangels an psychologischem Einfühlungsvermögen des jungen Wächters. Aber dann vergeht einem die Heiterkeit. Man erinnert sich an den Selbstmordterroristen mit Frauenperücke, modischer Halskette und Lippenstift, der im Park-Hotel in Nathania zu Pessach als "Gast" getarnt auftauchte und Dutzende ahnungsloser Festgäste mit sich in den Tod riss. Und an die Selbstmordattentäter, die als Haredim (orthodoxe Juden), Soldaten oder schwangere Frauen verkleidet waren. An die blutjungen palästinensischen Mädchen, die unter dem dringenden Impuls, Märtyrerin zu werden, sich mitsamt anderen in die Luft sprengten. Man denkt an den Wächter am Eingang zum Jerusalemer Supermarkt, der von einer Terroristin ermordet wurde, an seine Kollegen, die am Eingang zu Disco oder Cafe den Terroristen in den Weg traten und ihre Pflichterfüllung mit dem Leben bezahlten. Plötzlich lacht man überhaupt nicht mehr.

Was ist das für ein schrecklicher Virus, der von den moslemischen Fundamentalisten, denn meist sind es solche, in die Welt gesetzt wurde? Wer ihm begegnet ist, oder von ihm bedroht scheint, kann die Terroristenjagd eines George W. Bush nicht, wie so manche insbesondere europäische Politiker und Publizisten, auf die leichte Schulter nehmen. Man kann diese Sorge nicht übertrieben finden. In der Tat muss alles nur denkbar Mögliche getan werden, um den sozialen und ideologischen Sumpf trocken zu legen, in dem die Verbreiter dieses Virus gedeihen. Vielleicht hilft Bushs Dominotaktik gegen den Fanatismus.

Unvorstellbar und unerklärlich ist vor allem die Kaltblütigkeit und Berechnung, mit der die Selbstmordterroristen auf ihr Ziel, den eigenen Tod und den Massenmord, zugehen. Man steht verständnislos vor ihrer Seelenverfassung. Das sind keine "Assassinen", wie ihre geschichtlichen Vorgänger hießen - jene Angehörige eines 1080 gegründeten ismailitischen Geheimhundes, der den Vorderen Orient fast zwei Jahrhunderte lang in Schrecken hielt. Das dauerte, bis dessen Zentrale, Alamut, 1250 von den Mongolen zerstört wurde. Haschisch diente den Assassinen - daher der Name - zur Erreichung eines Zustands mystischer Verzückung. Dabei wurden sie willenlose Werkzeuge für politische Morde. Aber ihre heutigen Nachahmer brauchen kein Haschisch mehr. Sie berauschen sich an einer Idee und handeln völlig nüchtern. Ein Beispiel ist das Vorgehen der beiden Attentäter vom Pub "Mike's Place", die am 30. April ihr Attentat verübten. Die Polizei hat jetzt ihre Schritte genau zurück verfolgt.

Die beiden trafen am 12. April, zweieinhalb Wochen vor der Tat, aus Jordanien in Israel ein. An der Allenby-Brücke erregte einer Verdacht, wurde untersucht, man fand aber nichts und beide durften passieren. Dieser Selbstmordterrorist, Mohammed Hanif, 22, war in Pakistan geboren. Doch wie sein Freund, Omar Chan Scharif, 27, hatte er einen britischen Pass.

Die Beiden vergeudeten keine Zeit. Sie trafen in Rafah und Khan Junis mit Hamas-Aktivisten zusammen. Am 14. April besuchten sie die den Juden und Moslems heilige Höhle Machpela, Grabstätte der Erzväter und Erzmütter in Hebron. Am 20. April übernachteten sie in einem Hotel in Jerusalem. Am nächsten Tag mieteten sie ein Zimmer in einem Hotel unweit der Strandpromenade in Tel Aviv. Am 22. und 23. April fuhren sie nach Ramallah und Nablus, am Tag darauf in den Gaza-Streifen. Wenigstens zweimal überquerten sie den Eres-Grenzübergang zwischen Israel und Gazastreifen. Vor der zweiten Ausreise aus dem Gazastreifen hatte der Geheimdienst Schabak den Befehl erlassen, alle Besitzer ausländischer Pässe genau zu kontrollieren. Als die beiden am 29. April - am Tag vor dem Anschlag - am Übergang eintrafen, wurden sie zur Befragung zurückgehalten, Doch sie wurden durchgelassen. Der Schabak hatte übrigens eine Warnung vor einem Anschlag in Tel Aviv erhalten - aber ohne Details.

Am Dienstag, dem Tag vor dem Anschlag, betraten die Beiden um 16.45 Uhr die Herberge "Hajarkon 48" in der Hajarkonstraße in Tel Aviv. Sie buchten bei der Rezeptionistin Jael ein Zimmer für eine Nacht und bezahlten 189 Schekel. Sie trugen modische Rucksäcke und hatten je ein Exemplar des Reiseführers "Lonely Planet" über den Nahen Osten bei sich. Beide sprachen ein akzentfreies "klassisches" Englisch und erzählten, dass sie Tel Aviv besichtigen wollten. Die Rezeptionistin prüfte die beiden britischen Pässe und trug ihre Namen ins Gästeregister ein. Niemand im Hotel schöpfte auch nur den geringsten Verdacht. Einer der Hotelbesitzer, Omri, erzählt, er habe schon öfter europäische Gäste nahöstlicher Herkunft gehabt. Die Beiden sprachen wie gesagt ein akzentfreies Englisch und der eine zeigte sogar Sinn für Humor: er scherzte mit der Rezeptionistin. Beide Todeskandidaten und Mörder hätten "einen sehr intelligenten Eindruck gemacht".

Die beiden Terroristen begaben sich in ihr Zimmer im ersten Stock, duschten und kleideten sich um, bevor sie auszogen, um Tod und Verderben zu säen. Bei ihren Sachen fand man eine Menge Toilettenwasser, Kosmetika und eine Stadtkarte des Zentrums von Tel Aviv, wo sie mehrere mögliche Ziele angezeichnet hatten. Eine Viertelstunde nach Mitternacht begaben sie sich auf ihren letzten Gang.

Um ein Uhr nachts sprengte sich der eine Terrorist vor dem Cafe "Mike's Place" in die Luft. Eine junge Kellnerin und zwei Musiker kamen ums Leben. Etwa 60 Menschen wurden verletzt. Bald nach dem Anschlag erschien die Polizei in der Herberge und stellt schnell fest, dass die Terroristen hier gewohnt hatten. Die Rezeptionistin versuchte, Schritt für Schritt den Hergang ihres Aufenthalts zu rekonstruieren. Der "erfolgreiche" Terrorist, der sich in die Luft sprengte, ein etwas dicklicher Mensch, sei geradezu "charmant" gewesen, sagt sie. Der plastische Sprengstoff, den die beiden benutzten, ist ganz dünn, wie Papier, und besonders "wirksam". Die Sicherheitsbehörden sind deswegen ziemlich besorgt. Er lässt sich leicht verstecken. Verteidigungsminister Schaul Mofas erklärte, die Terroristen hätten den Sprengstoff in einem ausgehöhlten Koran ins Land geschmuggelt. Nach einer anderen Quelle aus Geheimdienstkreisen wurde er eine Woche vorher von einer französischen Bürgerin in den Gazastreifen gebracht, die auf dem Luftweg auf dem Ben-Gurion-Flughafen angekommen war. Sie gab sich als Journalistin aus. Man hatte den Stoff offensichtlich in ihrem Ausgangsflughafen nicht gefunden.

Auf jeden Fall hatte der Terrorist ca. zwei Kilogramm Sprengstoff bei sich, der in das Futter seines Jacketts eingenäht war. Der zweite Terrorist, der nach dem Anschlag verschwand, hatte Sprengstoff in einem Bucheinband bei sich. Möglicherweise wurde er von der ersten Explosion verletzt und konnte daher seinen Sprengsatz nicht zünden, oder aber die Zündvorrichtung versagte. Vermutlich ist er wegen seiner Verwundung ertrunken, als er ins Meer zu flüchten versuchte. Seine Leiche wurde einige Tage später gefunden. Ein vermeintlicher Komplize aus Kafr Na'ama im Bezirk Benjamin wurde verhaftet und wieder freigelassen. Er hatte geglaubt, die Zwei seien linke Sympathisanten der Palästinenser, nicht Terroristen. Ebenso wurde eine italienische Journalistin verhaftet, die die beiden im Auto vom Gazastreifen nach Tel Aviv gebracht hatte. Auch sie wusste nichts und hielt sie für Linksaktivisten. Sie wurde freigelassen und des Landes verwiesen. Das Zellulartelefon der Toten bewies, dass sie viele Kontakte mit Linkskreisen und mit wenigstens sieben weiteren italienischen Journalisten hatten, die sie um Transporthilfe baten. Alle hielten sie für linke Sympathisanten der Palästinenser und waren gern zu konspirativer Hilfe bereit. Einige der Journalisten wurden ebenfalls ausgewiesen und werden nicht mehr einreisen können. Angesichts der wilden anti-israelischen Hetze in aller Welt ist die Grauzone der unwillig-willigen Mithelfer sehr breit.

Wie werden scheinbar normale Menschen zu Zoombies und wandelnden Toten, die in einem Moment charmant mit der Hotelrezeptionistin scherzen und im nächsten ein Vierteldutzend Menschen wie auch sich selber umbringen? Diese britischen Bürger lebten nicht unter israelischer Besatzung, sie hatten nicht unter Ausgehverbot oder "unwürdiger Behandlung" zu leiden, sie erduldeten weder Hunger noch sonstige Not. Sie lebten in England und es ging ihnen gut.

Ein verhinderter palästinensischer Teenager-Selbstmordterrorist, der fürs israelische Fernsehen ausführlich befragt wurde, hat es erklärt. Es ging ihm nie schlecht, er hat studiert, er hat keine Angehörigen im Kampf gegen die Israelis verloren, er ist nichtmal besonders religiös, denn ausgerechnet in Religion hatte er am College eine schlechte Note und ist durchgefallen. Aber er wollte - vielleicht nun erst recht - ein Schahid, ein angesehener Märtyrer werden! Weil alle das wollen, weil es ehrenvoll und welterlösend ist! Er lernte die Israelis und Juden hassen, seitdem er denken kann. Das ist der Virus, der bekämpft werden muss: ideologischer Hass, blindwütiger Fanatismus, per Gehirnwäsche weltweit unsichtbar und verhängnisvoll verbreitet. Ihn gilt es auszurotten, bevor es für die Welt zu spät ist.

IN - 05-06-03
hagalil.com - 11-06-03


DE-Titel
US-Titel

Jeden Freitag neu:
Moishe Hundesohn


Dossier zur Loslösung: Rückzug aus Gaza Wahlen in Israel - 28-01-2003 IRAK Special 2003
haGalil.com ist kostenlos! Trotzdem: haGalil kostet Geld!

Die bei haGalil onLine und den angeschlossenen Domains veröffentlichten Texte spiegeln die Meinungen der jeweiligen Autoren.
Sie geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber bzw. der Gesamtredaktion wieder.

Kontakt: hagalil@hagalil.comhaGalil onLine
haGalil - Postfach 900504 - D-81505 München

1995-2004 © by haGalil onLine®
bzw. den angegebenen Rechteinhabern
Munich - Tel Aviv - All Rights Reserved
haGalil onLine - Editorial
Impressum