Beim israelischen Militär überwiegt die Hoffnung, dass der
Waffenstillstand mit den Palästinensern das Ende der Intifada bringen
wird. Und dennoch werden auch die Stimmen einiger ranghoher Offiziere
laut, die in dieser Hinsicht nicht sehr optimistisch sind. Sie
befürchten, dass die Hamas-Organisation nicht auf den bewaffneten Kampf
verzichten will und Arafat auch weiterhin Terroranschläge veranlassen
wird. Einer dieser Offiziere sagt sogar voraus, dass der Terror noch
mehrere Jahre lang andauern wird und warnt davor, sich infolge der
ersten Schritte im Friedensprozess allzu große Hoffnungen zu machen.
"Ich wünschte, dass ich mich irre, aber ich befürchte sehr, dass
trotz all der diplomatischen und politischen Schritte der letzten Tage
die Terroranschläge nicht aufhören werden." Dies sagte "Maariv" zufolge
ein ranghoher Offizier der israelischen Armee. Diese Worte des Offiziers
spiegeln die widersprechenden Meinungen über diese Frage in der Armee
wieder. Einerseits legen viele ranghohe Offiziere vorsichtigen
Optimismus angesichts der jüngsten diplomatischen und politischen
Entwicklungen an den Tag. Sogar der Generalstabschef hat am Wochenende
erklärt, er halte es für möglich, dass "schon innerhalb eines Monates in
den Autonomiegebieten eine andere Realität herrschen wird".
Andere hochgestellte Offiziere denken anders. Sie glauben nicht an
große Aussichten für einen echten Waffenstillstand. Einer von ihnen, der
eine besonders vorsichtige Position einnimmt, meint: "Es lohnt sich, das
Risiko einzugehen, um zu versuchen, einen Waffenstillstand zu erreichen.
Aber man sollte sich dabei in acht nehmen und nicht zu viele Hoffnungen
an diese ersten Schritte knüpfen. Unsere Hoffnungen auf ein Ende der
Intifada sind allzu oft enttäuscht worden, und es ist durchaus möglich,
dass es auch diesmal nicht anders sein wird und ein Ende der Intifada
noch nicht abzusehen ist."
"Das große Problem ist die Ideologie der Hamas-Organisation. Die
Hamas-Anhänger können sich unter keinen Umständen mit der Existenz
Israels abfinden, und daher wird es ihnen äußerst schwer fallen, die
Terroranschläge einzustellen." Der Offizier, der dies erklärte, ist
sogar der Ansicht, dass mit den Terroranschlägen auch in vier Jahren
noch nicht Schluss sein wird, wenn sie sich auch in zunehmend größeren
Zeitabständen ereignen werden.
Darüber hinaus wird im israelischen Sicherheitsdienst befürchtet,
dass der Iran gemeinsam mit den Hisbollah-Terroristen die Palästinenser
anspornen wird, jetzt erst recht Terroranschläge zu verüben, um damit
jede Aussicht auf die Erreichung eines Waffenstillstands zu torpedieren.
Es bestehen auch Befürchtungen bezüglich möglicher Terror-Initiativen
seitens internationaler Terror-Organisationen nach dem Vorbild des
Anschlags auf den Pub Mike 's Cafe
an der Tel Aviver Strandpromenade, der von britischen
Selbstmordterroristen genau an dem Tag verübt wurde, an dem die neue
Regierung Abu Masens den Treueeid leistete.
Von ranghohen Sicherheitsquellen wird erklärt, dass selbst für den
Fall, dass die zwischen Scharon und Abu Masen getroffenen Vereinbarungen
zum einstweiligen "Hodna"-Waffenstillstand der Hamas und anderer
Terror-Organisationen führen, immer noch die Befürchtung bestehen
bleibt, dass einzelne Terroristen auf eigene Faust Terroranschläge
verüben könnten. "Die Beschaffenheit und Dauer des Waffenstillstandes
hängt in großem Maße von Einzelpersonen ab. Diese Einzelpersonen könnten
die der palästinensischen Bevölkerung gewährten Erleichterungen dazu
ausnutzen, innerhalb Israels Anschläge zu verüben," warnen die
Sicherheitsfaktoren.
Trotz den Abmachungen zwischen Scharon und Abu Masen sind bei den
Sicherheitskräften wieder über 150 Vorwarnungen über geplante
Terroranschläge eingegangen. Aufgrund dieser Vorwarnungen dämpften
leitende Angehörige des israelischen Inland-Geheimdienstes "Schabak"
ihren Optimismus. Einige von ihnen sprachen sich sogar gegen die
beabsichtigte Freilassung von Administrativ-Häftlingen aus, mit der im
Rahmen der Scharon-Ahu Masen-Abmachungen begonnen wurde.